Rüdiger Baretti - Persönlichkeit des Jahres 2015
Rüdiger Baretti
Ein Mann mit vielen Talenten
Das Dasein als Bettenfachhändler war Rüdiger Baretti durch das elterliche Geschäft in Gütersloh bereits in die Wiege gelegt. Dass er daraus ein kleines Imperium von Fachgeschäften entwickeln würde, war anfangs allerdings nicht zu erwarten. Außerdem gründete er mit der Ambra einen von zwei Vorgängerverbänden der heutigen ABK und zeichnete sich überdies als Erfinder neuer Technologien in der Bettenbranche aus. Für seine Verdienste um die Branche zeichnet die Jury des Haustex Star Baretti als Persönlichkeit des Jahres aus.
Ich hoffe, dass ich auch nach dem Preis noch weiter arbeiten darf”, schmunzelt Rüdiger Baretti beim Besuch der Haustex. Er habe nämlich noch einige Ideen für die Zukunft und durchaus nicht vor, sich demnächst schon in den Ruhestand zu verabschieden. Blickt man auf sein bewegtes Berufsleben zurück, dann passen der Name Baretti und Ruhestand tatsächlich nicht wirklich zusammen.
Dabei war der Aufstieg zu einem erfolgreichen Unternehmer in der Bettenbranche in frühen Jahren nicht unbedingt vorgezeichnet. Nach eigenem Bekunden war Baretti in der Schule nämlich „grottenfaul”, wie er lachend eingesteht. Statt Studium blieb ihm daher nur eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Katag in Bielefeld. Und damit scheint er in seinem Element gelandet zu sein, denn die Lehre konnte er aufgrund guter Leistungen vorzeitig abschließen. Bevor die Bundeswehr ihn anschließend zum Wehrdienst rief, hospitierte Baretti noch kurz in einem Braunschweiger Bettenhaus. Nach dem Bund dann ging er als Verkäufer nach Bielefeld ins Textilhaus Kolck. Aber damals war schon abzusehen, dass Baretti über kurz oder lang in das elterliche Geschäft in Gütersloh einsteigen würde, Betten Beckord. Er führte damit die Familientradition fort, denn seine Mutter war eine geborene Beckord.
Der Einstieg erfolge 1967. Baretti fand damals ein klassisches Bettengeschäft seiner Zeit vor. Wie es bei jungen Menschen häufig so ist, hatte auch Rüdiger Baretti eigene Vorstellungen über die Zukunft des Geschäftes und führte wenig später eine Abteilung für Kinderartikel und Umstandsmode ein. Er erntete dafür zwar nicht ungeteilte Zustimmung, aber der Erfolg gab ihm schließlich Recht. Erst vor wenigen Jahren wurde die Abteilung im Zuge der Modernisierung des Stammhauses aufgegeben. Auch in der Folgezeit sorgte Baretti für frischen Wind im Geschäft und modernisierte es Schritt für Schritt. Doch ein Geschäft, das wurde Baretti bald klar, würde ihm auf Dauer nicht reichen.
1974 folgte darum ein weiterer Meilenstein für den Unternehmer. In Hamm sollte das Fachgeschäft Betten Reinhard mangels Nachfolgeregelung geschlossen werden. Da Baretti schon länger den Wunsch gehegt hatte, ein zweites Geschäft zu eröffnen, kam ihm dies sehr gelegen. Ohne die Eltern vorher zu kontaktieren, fuhr Baretti kurzentschlossen nach Hamm und machte die Übernahme klar. Danach hing der Haussegen in der Familie zwar kurzzeitig schief, da Baretti senior unerklärlicherweise die Übernahme des Geschäftes in Hamm als Konkurrenz empfand, aber im Laufe der Zeit glätteten sich wieder die Wogen.
Statt den Namen des Geschäftes zu ändern und über die Eingangstür Betten Beckord oder gar Betten Baretti zu schreiben, beließ Baretti es bei dem gut eingeführten Namen Reinhard. „Die Kunden brauchen Sicherheit, und damit signalisiere ich ihnen, dass sich nach außen für sie nichts ändert”, begründet er diese Entscheidung. Sie bewährte sich, sodass Baretti diese Strategie auch bei den folgenden Übernahmen beibehielt. Natürlich hat er intern doch einige Maßnahmen ergriffen, um das Haus zeit- und vor allem kundengerecht zu positionieren.
Die Gründung der ersten Filiale hatte Baretti Appetit auf mehr gemacht und im Laufe der Jahre kam ein Fachgeschäft nach dem anderen dazu. Stand heute sind es zehn Bettenfachgeschäfte, die mit Ausnahme von Betten Raymond alle wegen Nachfolgeproblemen übernommen wurden. Die Übernahme von Raymond mit der Zentrale damals in Hannover eröffnete dem Filialkonstrukt durch einen eigenen Fuhrpark neue logistische Möglichkeiten, denn mit ihm konnten Warenbestände je nach Bedarf zwischen den Filialen ausgetauscht werden. Dass Baretti sich mit der Raymond-Übernahme auch ungeahnte Probleme auflud, die schließlich zur Aufgabe führten, will er im Gespräch nicht verschweigen. Auch ihm ist im Laufe seines Unternehmerlebens nicht alles gelungen. Da aber alle Filialen als Einzelunternehmen geführt werden, war die Existenz der übrigen Häuser zu keiner Zeit dadurch gefährdet.
Dass der Unternehmer Chancen erkennt und gerne mal ein Mann schneller Entschlüsse ist, zeigt auch die sehr bezeichnende Geschichte des österreichischen Filial-Unternehmens Betten Max. Das Ehepaar Baretti befand sich gerade auf der Rückfahrt von einem Ski-Urlaub in Österreich, als man im Radio hörte, dass Betten Max geschlossen werden sollte. Rüdiger Baretti setzte seine Frau daraufhin kurzentschlossen zu Hause ab und fuhr stante pede wieder zurück nach Österreich. Dort leitete er dann mit einem Geschäftspartner die Übernahme der Fachgeschäft-Kette in die Wege, mit dem er sich noch von unterwegs verabredet hatte. Das Ende vom Lied: Heute gehören 25 österreichische Betten-Max-Filialen und drei deutsche Geschäfte unter dem Namen zum Portfolio Barettis. Diese 28 Häuser plus die zehn klassischen Bettenfachgeschäfte werden in der Baretti GmbH gebündelt, die als Dienstleister für die Häuser unter anderem den Einkauf steuert.
Baretti hat sich allerdings bei weitem nicht auf die Entwicklung seines Filialnetzes beschränkt. Stets blickte er über den eigenen Tellerrand hinaus und begab sich für die eigene Baretti-Kollektion auf das Feld der Produktentwicklung. Es begann Ende der 80er Jahre mit eigenen Matratzen. „Sie wurden sechsmal von Stiftung Warentest geprüft und sechsmal mit gut benotet”, erinnert sich Baretti nicht ohne Stolz. Gemeinsam mit Froli hat der Tüftler die erste marktfähige aufgelöste Unterfederung mit Tellerrahmen entwickelt. Es gebe heute noch Leute, die sich bei ihm melden und sich erkundigen, wo sie ein Ersatzmodell für ihre alte Unterfederung kaufen könnten, so Baretti. Für den anatomisch korrekten Schlaf auf einer Matratze hat Baretti gemeinsam mit Partnern die Ergo-Check-Messmatte entwickeln und patentieren lassen. Der Testomat, ein Regal mit verschiedenen Matratzen zum Platz sparenden testen durch die Kunden, ist eine weitere Entwicklung, die auf Ideen von Baretti zurückgeht. Und noch recht neu ist die Matratze Longitude mit längslaufenden Liegezonen. Man ist geneigt sich zu fragen, wo der Mann die Zeit hergenommen hat, um neben der Leitung seiner Häuser auch noch an neuen Produkten zu tüfteln.
Schließlich hat Baretti auch die Verbandsszene im Bettenfachhandel maßgeblich mitgeprägt. Lange Jahre war er mit seinen Häusern Mitglied des Bettenkreises, den seine Eltern mit aufgebaut hatten. Doch dann, so Baretti, fand er sich dort nicht mehr wieder und man legte ihm aus diesem Grund von Seiten des Verbandes mehr oder weniger freundlich den Austritt nahe. Da ließ er sich nicht lange bitten. Nach kurzer Zeit gesellten sich weitere Bettenfachhändler an seine Seite und man gründete schließlich 1990 die Ambra als neuen Verband. Über zehn Jahre kooperierte man in diesem Verband mit sehr schlanken Strukturen. Bis dann 2004 auf Anregung des Bettenkreises der Zusammenschluss kam und damit die ABK ins Leben gerufen wurde. Diese Entwicklung findet Baretti auch gut so, „denn unser Wettbewerb sind die großen Flächen und nicht die Händler-Kollegen um die Ecke”.
Von Anfang an war Baretti Aufsichtsratsmitglied der ABK, seit 2006 der Vorsitzende des Gremiums, bis er sich mit 70 Jahren dazu entschloss, beruflich zumindest etwas kürzer zu treten. Im vergangenen Jahr trat er deshalb von seinem Amt zurück, wurde aber gleichzeitig zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Seinem Unternehmen möchte er allerdings noch einige Zeit vorstehen. Und neue Produkte für seine Baretti-Kollektion hat er auch im Köcher, die er der Haustex in der Gütersloher Firmenzentrale schon einmal vertraulich vorführte.
Persönlichkeit des Jahres des Jahres 2015