Heinrich Lamker - Vorbildliche Neupositionierung 2016
Lamker, Melle
Neuausrichtung bringt neue Kunden
Vor Jahren gab es den Trend, dass klassische Textilhäuser unter anderem ihr Heim- und Haustextilsortiment aufgegeben haben, um sich zu einem reinen Modehaus zu wandeln. Bei Lamker in Melle lief es letztes Jahr genau umgekehrt: Die Inhaber entschlossen sich, ihr Modesortiment zu streichen und sich als klassisches Bettenfachgeschäft zu positionieren. Ein wohl kalkuliertes Wagnis, das sich gelohnt hat. Dafür erhält das Unternehmen den Haustex Star in der Kategorie „Vorbildliche Neupositionierung”.
Lamker gibt es als Geschäft in Melle seit 1934. Es hat sich dort etabliert als örtlich führender Vollsortimenter in den Bereichen Tag- und Nachtwäsche, Betten, Gardinen sowie Damen- und Herrenmode auf rund 1.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Im Erdgeschoss befanden sich die modischen Artikel, im Untergeschoss das Haustextil-Sortiment einschließlich Matratzen und Schlafsysteme. Allerdings stellte sich in den letzten Jahren heraus, dass das UG sich trotz der weniger guten Lage erfolgreicher im Umsatz entwickelte als das Sortiment in der oberen Etage.
Mit der Neupositionierung wurde das Sortiment breiter aufgestellt und hochwertiger positioniert, ohne die ursprünglichen Preislagen zu vergessen.
2013 dann folgte die Übernahme des Geschäfts durch Sandra Heller-Kuhr von ihrem Vater. Gemeinsam mit ihrem Mann Meik kam sie zu dem Entschluss, „dass ein Vollsortimenter in der bisherigen Größe an dem unveränderbaren Standort nach unserer Einschätzung kein Potential für die nächsten 20 Jahre hat.” Um dieses Bauchgefühl mit Fakten zu belegen, engagierten Sie einen Unternehmensberater für eine Marktanalyse. Die Fragestellung: Hat die Neupositionierung als Bettenfachgeschäft mit angeschlossener Wäscheabteilung ein Chance in Melle ? Nach umfangreicher Recherche kam er zu der Auffassung, dass dieses neue Geschäftskonzept sich tragen würde. „Das bedeutete immerhin die Aufgabe von rund 30 Prozent unseres Gesamtumsatzes”, beziffert Sandra Heller-Kuhrs.
Den Inhabern war klar, dass eine einfache Sortimentsbereinigung nicht reichen würde um zu signalisieren, dass Lamker sich neu aufgestellt hat. Man engagierte die Innenarchitektin Susanne Höhn und mit Dechering einen innovativen Ladenbauer, die Lamker innerhalb von sechs Wochen optisch „auf Links” drehten. „Die Verkaufsräume im Erdgeschoss wurden komplett entkernt, saniert und neu ausgestattet”, erzählt die Firmenchefin, „Fenster, Fassade, Dach und Corporate Design wurden ebenfalls modernisiert.” Trotzdem musste das Geschäft nur für eine Woche geschlossen werden, und das nur wegen der Installation der Elektrik. Das Untergeschoss ist jetzt für den Kundenverkehr stillgelegt und dient nur noch als Lagerraum. Die Verkaufsfläche beläuft sich seit dem Umbau auf noch 650 Quadratmeter. Die Neueröffnung fand am ersten Donnerstag im Juni letzten Jahres statt.
Lamker hat sich nicht darauf beschränkt, das verbliebene Sortiment 1:1 weiterzuführen. Vielmehr hat sich das Ehepaar entschlossen, passend zu den modernen Räumlichkeiten ein Uptrading vorzunehmen und dem Sortiment gleichzeitig mehr Tiefe zu geben. Der neue Lamker bietet eine viel größere Auswahl und Sortimentstiefe in den Bereichen Tag- und Nachwäsche, Frottierwaren, Tischdecken und vor allem im Bereich „rund um den gesunden Schlaf“.
Eine wichtige Erfahrung für die Inhaber: Wenn das Ambiente stimmt, verkauft es sich leichter im hochwertigen Bereich.
Das Sortiment an Bettgestellen wurde erweitert und auch das Thema Boxspring-Betten findet bei Lamker nun seine Berücksichtigung. Wichtige Lieferanten sind bei Schlafsystemen Röwa sowie Rummel mit seinem Bettenring-Programm. Das Visko-Thema deckt Lamker mit Dermapur ab, einem nur knapp 20 Kilometer entfernten Lieferanten. Die Kunden würden es durchaus honorieren, Produkte eines lokalen Herstellers bei ihnen zu finden, so die Erfahrung von Sandra Heller-Kuhr. Wasserbetten führt das Haus nach wie vor. Damit, so das Ehepaar, bekomme man auch jüngere Kunden in das Geschäft.
„Wir haben Sympathica vom Bettenring zwar behalten, um weiterhin die Einstiegspreislagen zu haben, aber unser Dormabell-Sortiment deutlich ausgebaut”, schildert Meik Kuhr anschaulich die generelle Sortimentsentwicklung. „Wir führen jetzt auch Matratzen im preislich vierstelligen Bereich, an die wir uns vorher nicht gewagt haben, und können jetzt Bettgestelle und Bettsysteme präsentieren, die auch älteren oder gehbehinderten Menschen ebenerdig zugänglich sind.”
Fast verblüfft ist der Firmenchef über den Stimmungswandel der früher eher preisbewussten Kunden beim Kauf von hochwertiger Bettwäsche. „Elegante beispielsweise verkaufen wir jetzt viel leichter”, freut sich Meik Kuhr. „Ein Kollege prognostizierte uns schon vor dem Umbau, dass wir höherwertiger verkaufen würden, wenn das Ambiente dazu passt. Das stimmt.” Aber nicht nur das, seit der Neueröffnung finden neben den Stammkunden auch zahlreiche Neukunden den Weg zu Lamker. Insgesamt spreche man jetzt ein im Durchschnitt jüngeres Publikum an, was laut Heller-Kuhr auch ein wichtiger Grund für die Neupositionierung des Geschäftes gewesen sei.
Noch ist es nicht ganz gelungen, den Umsatzausfall durch die aufgegebenen Sortimente wieder auszugleichen. Aber man arbeitet daran und dank schlankerer Strukturen steht das Unternehmen schon jetzt gut da. „Die Entwicklung des neuen Geschäfts verläuft besser als erwartet”, so Meik Kuhr. Damit gibt man sich jedoch nicht zufrieden. Ziel ist eine nennenswerte Erweiterung des Einzugsgebietes, denn „Melle alleine reicht nicht für dieses Geschäft”, stellt die Inhaberin fest. Schließlich wirbt man mit dem Anspruch, das größte Wäsche- und Bettenhaus im Landkreis Osnabrück zu sein – mit Betonung auf Landkreis. Der Werbetat wird deshalb erst einmal kräftig angehoben. Hat man den Weihnachtsprospekt 2014 noch in einer Auflage von 20.000 Stück streuen lassen, so wurde die Auflage im letzten Jahr mal eben durch ein größeres Verteilungsgebiet vervierfacht.
Vorbildliche Neupositionierung des Jahres 2016