Gebr. Barghoorn - Gelungene Firmenübernahme 2024


Gebr. Barghoorn, Emden

Nachfolger im eigenen Haus gefunden

Es müssen nicht immer fremde Investoren oder Pächter sein, die ein Unternehmen in die Zukunft führen. Die Cousins Dirk und Peter Barghoorn sind einen anderen Weg gegangen und haben in ihren eigenen Reihen die bestmögliche Lösung gefunden: zwei langjährige Mitarbeiterinnen, die als Geschäftsführerinnen einsteigen. Dafür bekommt die Gebr. Barghoorn GmbH in Emden in der Kategorie „Gelungene Firmen­übernahme“ den Haustex Star 2024 verliehen.

Vor zirka fünf Jahren begannen die Cousins Dirk und Peter Barghoorn, beide Mitte 60, über die Nachfolge für ihr Bettenhaus in Emden nachzudenken. Abgesehen davon, dass die Nachfolgeregelung im Einzelhandel grundsätzlich zurzeit nicht einfach ist, kam mitten in der Planung noch die Corona-Pandemie auf. „Da war natürlich niemand mehr ansprechbar“, erzählt Dirk Barghoorn. Einfach den Schlüssel umzudrehen, kam für die Cousins aber nicht infrage. „Wir haben die Mitarbeiter informiert, dass es unsere oberste Priorität ist, das Geschäft zu erhalten, weil es ein so großes Pfund ist. Es gibt uns schon seit so vielen Jahren, wir sind in der gesamten Region bekannt, bis Norden, Aurich und Leer. Da lag uns natürlich viel daran, dass das nicht einfach von einem Tag auf den anderen fort ist.“ Also haben die beiden allen signalisiert, dass sie mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten, um Geschäft und Arbeitsplätze zu erhalten.

Im Zuge dieses Prozesses kamen sie schließlich auf eine naheliegende und elegante Lösung, besannen sich auf sich selbst und sprachen gezielt zwei Mitarbeiterinnen an: Wilma Feilscher und Cornelia Hoffmann. „Wir sind überzeugt, dass die beiden bestens geeignet sind, sie bringen alle Fähigkeiten mit“, so Barghoorn. Beide sind seit über 20 Jahren im Unternehmen, stimmten zu und übernehmen mit Start 2024 eigenverantwortlich die Geschäfte. Dirk und Peter Barghoorn bleiben im Hintergrund Gesellschafter der Gebr. Barghoorn GmbH. „Wir sind wirklich glücklich, dass wir diese Konstellation gefunden haben. Und auch, dass wir auf so einen tollen Stamm aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zurückgreifen können“, gesteht er. „Niemand ist bei uns unter 15 Jahren beschäftigt, trotzdem haben wir einen guten Altersdurchschnitt.“ Zurzeit beschäftigt die GmbH neun Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und eine Auszubildende.


Damit die neuen Geschäftsführerinnen durchstarten können, sollte im Sortiment und räumlich umgebaut werden. „Wir wollten nicht einfach alles abgeben und gehen“, so Dirk Barghoorn. „Mein Cousin und ich haben uns gefragt, was wir den beiden neuen Geschäftsführerinnen und den Mitarbeitern mit auf den Weg geben können, was zukunftsfähig ist. Die normale Warenverteilung des Einzelhandels wird ja immer schwieriger. Wo wir weiter unsere Funktion sehen, sind alle Artikel, die mit Beratungs- und Service­bedarf verbunden sind.“ Sie besprachen ihre Pläne mit Wilma Feilscher und Cornelia Hoffmann, die es ähnlich sahen. Das Ergebnis: „Alles, was mit Beratung und Service verbunden ist, ist geblieben. Wir sind jetzt ein klassisches Bettenhaus mit Rahmen, Matratzen und Lattenrosten. Ergänzend gibt es Miederwaren, Frottierwaren, Bettwäsche und Stühle“, so Dirk Barghoorn.

Ein weiterer traditioneller USP ist ebenfalls geblieben: Das Unternehmen ist noch zu 100 Prozent Selbstfüller seiner Federn- und Daunenartikel. „Wirklich beurteilen, welche Daune drin ist, kann ich ja nur, wenn ich das Bett öffne und hineingucke. Wir zeigen auch unseren Kunden die lose Ware und erklären die Unterschiede, warum die eine Daune zum Beispiel 200 und die andere 600 Euro kostet. Daneben bieten wir den gesamten Service mit Reinigung, Wäsche und Aufarbeitung an“, erklärt er.

Das bisher sehr große Wäschesortiment hingegen wurde aussortiert. Auf mehr als 350 Quadratmetern wurden bis zum Umbau Tag- und Nachtwäsche für Damen und Herren verkauft. Nachdem diese Abteilung geschlossen war, konnte die Ladenfläche, die sich über zwei Etagen erstreckte, auf die untere Ebene reduziert werden. Damit ist das gesamte Angebot ab sofort barrierefrei zugänglich. „Wir denken, dass das jetzt eine gute Basis für die Zukunft ist“, resümiert er.


Schon immer hat sich das Familienunternehmen im Wandel befunden, sich den Zeiten angepasst, auch wenn es seinem Standort in der Boltenstraße in Emden immer treu blieb. Gegründet wurde es vom gemeinsamen Ur-Ur-Großvater 1835 als Färberei und Wollwarenhandlung. Damals begann gerade mit der ersten dampfbetriebenen Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth das Eisenbahnzeitalter und die industrielle Revolution nahm in Deutschland Fahrt auf. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts behauptet sich das Unternehmen mit Wollwäsche und Strumpfwaren. In der dritten Generation bis zum Zweiten Weltkrieg wurde es zu einer überregionalen Wäscherei und Chemischen Reinigung. Dann wurde dieser Geschäftsbereich ausgelagert. Das Stammhaus mit dem Schwerpunkt auf ein textiles Sortiment und Handel übernahm Großvater Johannes senior. Er war es auch, der Bettwaren und Bettwäsche ins Sortiment aufnahm.

Mit Erfolg schon vor dem Krieg gehörte das Unternehmen zu den führenden Betten- und Wäschehäusern in Emden und Umgebung. Im Krieg wurden die Gebäude beider Betriebe zerstört. Helmut und Johannes junior, die Väter von Dirk und Peter Barghoorn, bauten alles wieder auf. Heute sorgen die Cousins Dirk und Peter Barghoorn für die Zukunft des Familienunternehmens. „Wir vertrauen unseren neuen Geschäftsführerinnen und sie vertrauen uns“, so Dirk Barghoorn. Der Umbau ist vollendet, das Sortiment neu aufgestellt. Alles ist vorbereitet, damit es weitergehen kann. Falls wichtige Entscheidungen anstehen, sind die beiden „alten Hasen“ nicht aus der Welt. Außerdem ist das Unternehmen Mitglied in verschiedenen Verbänden, die ebenfalls mit Rat und Tat unterstützen. „Das schafft zusätzliche Sicherheit“, erklärt Dirk Barghoorn. Mehr lässt sich wohl nicht tun bei der Übergabe eines Unternehmens.

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