27.07.2021

Michael Rossmann, PAD: „Wir sind der Modemacher textiler Accessoires“

Haustex: Herr Rossmann, das Leben hat sich wieder ein Stück normalisiert, auch wenn wir weiterhin mit einigen Einschränkungen und Auflagen leben müssen. Wie geht es Ihnen und Ihrem Unternehmen in der aktuellen Situation?

Michael Rossmann: Da muss ich etwas ausholen. Der erste Lockdown hat uns damals in der ersten Woche in eine absolute Schockstarre versetzt. Da man nicht mehr reisen konnte, haben wir zum Beispiel Kurzarbeit für den Vertrieb eingeführt. Dann haben wir uns angeschaut, was am Markt passiert. In der zweiten Woche hatten wir Stornierungen in Höhe von 1,6 Mio Euro. Da fährt man die Firma erst mal auf Null und fängt an nachzudenken.

Haustex: Gab es keine Alternative?

Rossmann: Ich sage immer: Schuster, bleib‘ bei deinen Leisten. Viele haben uns gefragt, ob wir nicht Masken machen wollten. Das haben wir abgelehnt. Ich wollte mich auf unsere Stärken konzentrieren und habe erst einmal an unseren Kollektionen gearbeitet.

Haustex: Und die Stornierungen?

Rossmann: Da haben wir allgemein beschlossen: Wir wollen kulant und verständnisvoll sein und bis zu 120 Tage Zahlungsziel oder Stornos geben. Wir wollten Verständnis für den Einzelhandel zeigen und individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse unserer Kunden eingehen. Wir wussten ja zunächst nicht, welcher stationäre Händler auch einen E-Commerce angedockt hat und beliefert werden wollte. Wir haben uns unter anderem auf unsere E-Commerce-Partner konzentriert und einfach unseren Job gemacht.

Haustex: Wie haben Sie Ihre Kunden erreicht?

Rossmann: Wir haben schnell gemerkt, dass das alles länger dauert als gedacht, und deshalb im vergangenen Jahr eine Roadshow mit der wundervollen Firma Räder an verschiedenen Standorten quer durch Deutschland geplant. Das waren ganz besondere Locations, in denen wir coronakonform und mit Anmeldung Kunden empfangen haben, um die Herbstsaison 20/21 einzuläuten.

Haustex: Also hat Corona Sie nicht zu einer Vollbremsung gezwungen?

Rossmann: Nein. Als der erste Lockdown vorbei war, haben sich viele Kunden daran erinnert, wie kulant wir uns verhalten hatten. Gerade der klassische Fachhandel, Raumausstatter, Individualisten – also die treuen Kunden, auf die wir immer Wert gelegt haben, und die auch wiederum treue Endverbraucher als Kunden haben. Das sind auch dort die ersten, die wieder zurückgekommen sind. Dadurch konnten wir den POS wieder stärken. Ende September waren wir auf Vorjahresniveau. Und dann kam der zweite Lockdown…

Haustex: Mit welchen Folgen für Sie?

Rossmann: Wir hatten schon vorher gemerkt, dass die Weihnachtskollektion nicht so gut bestellt wurde wie im Jahr zuvor. Im E-Commerce konnten wir natürlich ein Plus verzeichnen. Der klassische Einzelhandel aber war extrem gebeutelt. Und auch hier mussten wir wieder verständnisvoll reagieren. Dazu kam, dass die Messen komplett ausfielen. Also habe ich jedem Außendienst-Mitarbeiter die Aufgabe gegeben, in seinem Gebiet eine charmante Location für einen permanenten Showroom zu finden. Das war unsere beste Entscheidung: So hatten wir ab Januar fünf permanente Showrooms, wieder coronakonform und mit Terminvergabe.

Haustex: Wie wurde das angenommen?

Rossmann: Das hat richtig gut funktioniert. Unser Außendienst hat da einen phantastischen Job gemacht, und wir hatten fünf ganz besondere Locations, von den ehemaligen Reitställen König Ludwigs bis zu einem Loft am Wasser in Hamburg. Jede Location für sich hat den Messeumsatz, den wir sonst im Januar und Februar haben, komplett aufgefangen.

Haustex: Sie sind normalerweise auf sehr vielen Messen vertreten. Wie sehr haben deren Absagen denn dann unterm Strich noch geschmerzt?

Rossmann: Wirtschaftlich gar nicht, eher im Gegenteil. Die Kosten der Messen sind in den letzten Jahren fast nicht mehr kalkulierbar gewesen, und meinen Umsatz mache ich dort nicht. Ich glaube schon, dass man Messen braucht, aber es geht auch einfacher. Messe bedeutet letztlich nur, die Marke zu spielen. Da stellt sich schon die Frage, ob ich dieses Geld nicht in einen anderen PR-Bereich geben sollte.

Haustex: Aber Messe bedeutet auch Begegnung, Netzwerken, Kommunikation!

Rossmann: Natürlich. Es gibt drei Typen von Kunden: Den typischen Messekunden, der die Inspiration braucht und die Energie, die eine Messe transportiert. Den Kunden, der vor Ort in seinem Geschäft beraten werden möchte. Und den typischen Showroom-Kunden. Man könnte also dreierlei machen: Hausmessen, Showrooms und internationale Messen – alle drei würden funktionieren.

Haustex: Haben Sie bereits eine Entscheidung getroffen, wo sie hier künftig Ihre Schwerpunkte setzen werden?

Rossmann: Nein, aber es wird sich etwas verändern. Es wird einen anderen Mix geben. Corona hat gezeigt, wie flexibel Menschen sind und wie bereit, außerhalb der Box zu denken. Formate wie „#together“ beispielsweise, die wir gemeinsam mit Elegante machen, werden wir ausbauen. Denn auf solchen Veranstaltungen können wir uns für unsere wirklich treuen Partner auch richtig Zeit nehmen. Gleichzeitig brauchen wir die internationalen Messen, um als Branche und als deutsche Industrie zu zeigen, dass wir zusammenhalten. Aber da reicht dann wahrscheinlich die halbe Standgröße.

Haustex: Hat sich bei den Veranstaltungen, die Sie in den vergangenen Monaten gemacht haben, das Orderverhalten der Kunden verändert?

Rossmann: Ja, wenn der Kunde nicht von einer Messe abgelenkt ist, wird definitiv mehr geordert. Wir bedienen zwar in Summe weniger Kunden, haben aber trotzdem eine wertvollere Quote. Das Schöne an solchen Veranstaltungen ist, dass ich die Zeit habe, in die Details des Produktes viel tiefer einzutauchen: die Webart, das Design, die Nachhaltigkeit, die Herkunft. Gerade da heben wir uns ja ab – wir kaufen keine Meterware und nähen dann ein Kissen daraus. Wir entwickeln jedes Design selbst, und hinter jedem Design steht eine Technik und zu 90% ein „Made in Europe“.

Haustex: Können Sie ein Beispiel nennen?

Rossmann: Wenn wir einen Goldfaden in einer alten, klassischen Gobelintechnik verweben, nehmen wir uns die Zeit, die wir brauchen, bis wir es geschafft haben, die Maschine so eingestellt zu haben, dass dieser Goldfaden so eingewebt wird, ohne dass der Faden alle paar Sekunden reißt. Darauf sind wir stolz, das ist Teil unserer DNA. Auf einer großen Messe schaffe ich es aber nicht, genau solche Details zu transportieren. Der Kunde hat dort gar nicht die Zeit dafür. Nach der Roadshow und den Showrooms wissen wir aber, wie sehr die Kunden es zu schätzen wissen, wenn wir ihnen unsere Haltung zum Produkt erklären. Das hat uns in den ersten vier Monaten 2021 in der Kombination mit positivem Teamwork meiner Mitarbeiter ein gesundes Plus beschert.

Haustex: Also hat Corona für Sie auch positive Seiten?

Rossmann: Meine Politik in den letzten Jahren hieß: Wir konzentrieren uns darauf, die wertvollen Partner, die wir haben, auszubauen. Und wir geben ihnen Kompetenz durch unser Produkt. Ein Händler, der diese Kompetenz ausspielt, der wie in der Mode in jedem Quartal eine neue Kollektion mit aufnimmt, der war immer erfolgreich mit uns. Corona hat uns die Zeit gegeben, uns noch stärker auf unsere guten Partner zu konzentrieren und ihnen mit Aufmerksamkeit und Verständnis in diesen schwierigen und unberechenbaren Zeiten zu begegnen. Dafür bin ich in gewisser Weise dankbar, weil wir so die Zeit geschenkt bekommen haben, um uns wirklich auf Details, auf gewisse Kunden, auf Kollektionen und auf Tiefe zu konzentrieren.

Haustex: Was macht einen guten PAD-Kunden aus?

Rossmann: Kompetenz, Vielfalt und eine gute Beratung am POS. Er muss dem Endkunden beratend deutlich machen können, was uns von allen anderen unterscheidet, zum Beispiel von den Direktimport-Kissen aus China. Ein guter PAD-Kunde setzt sich mit unserer DNA auseinander. Wir stecken die Lebensfreude unserer Marke in die permanente Kollektionsentwicklung auf Fashion-Basis. Unsere Stammkunden sind dankbar dafür, dass wir so beweglich bleiben. Ein guter PAD-Kunde lebt unsere Vielfalt und weiß, dass wir die Kompetenz haben: vom Teppich über die Decke bis zum Dekokissen. Er sieht das Gesamtkonzept und spielt es entsprechend.

Haustex: Wie unterstützen Sie Ihre Kunden, damit sie diese Kompetenz ausspielen können?

Rossmann: Wir bieten dem Kunden immer wieder vielfältige, dem Zeitgeist gerechte Kollektionen, mit denen er sich aus der Masse des E-Commerce abheben kann. Aber wir möchten keinem Kunden etwas aufdiktieren. Ich glaube, dass auch jeder individuelle Geschäftsbesitzer seine eigene DNA hat. Die möchten wir mit unseren Produkten genau dadurch unterstreichen. Dafür bieten wir Beratung und Produktschulungen an. Der Kunde bekommt ein nachhaltiges Produkt, das er sauber kalkulieren kann. Und wir betreiben viel Aufklärung, dadurch kann er sich am POS abheben. Das funktioniert nur über einen persönlichen Dialog mit dem Endverbraucher, nicht übers Internet.

Haustex: Trotzdem werden Ihre Produkte auch online angeboten.

Rossmann: Wir suchen unsere Partner so aus, dass ihr Angebot überschaubar bleibt. Natürlich möchte Amazon mit uns arbeiten, aber das machen wir nicht. Ein kompetenter Händler wie beispielsweise Pro Idee, der einen Outdoor-Teppich und die Technik dahinter erklären kann, ist für uns ein guter Partner. Denn dort weiß ich, dass er dieses Produkt wertvoll vermarktet – aber nicht unser gesamtes Portfolio. Das bleibt dem stationären POS, sowie ausgewählten E-Commerce Partnern vorbehalten soweit man das überwachen kann, den wir immer noch weiter stärken werden und auch wollen. Denn unsere Produkte leben unter anderem von der Haptik.

Haustex: Teilen Sie die optimistische Prognose für den Interior-Bereich, der in der Pandemie sicherlich zu den Gewinnern zählte?

Rossmann: Irgendwann werden alle renoviert haben. Dass hier die Kurve irgendwann wieder nach unten gehen wird, ist also ganz normal. Aber wir sprechen hier von einer emotionalen Branche. Wir haben in den letzten Monaten gemerkt: Diejenigen im Einzelhandel, die ein wenig quergedacht und sich etwas Ungewöhnliches getraut haben – bei denen hat es auch gut funktioniert. Es gibt so viele Möglichkeiten, unkonventionell zu denken, und ich kann nur an alle appellieren, auch endlich einmal etwas zu verändern. Gerade unsere Heimtex-Branche mit den Messen war in den vergangenen 20 Jahren ganz schön verstaubt.

Haustex: Was meinen Sie konkret?

Rossmann: Das hat weniger mit den Kollektionen zu tun. Jedes Design hat seine Berechtigung. Ob es gefällt liegt immer im Auge des Betrachters. Es geht eher darum, neue Wege zu gehen, neue Energien zu spüren und nicht die Selbstverständlichkeit unseres Alltags einfach weiterzuleben, sondern zum Beispiel wirklich ernsthaft über Nachhaltigkeit nachzudenken.

Haustex: Wie schätzen Sie die Bedürfnisse der Endkunden hierbei ein?

Rossmann: Das ist ein ganz schwieriges Thema, das ich hier einmal aus meiner ganz persönlichen Perspektive betrachten möchte. Ich habe ein Problem mit der Alibi-Mentalität von Verbrauchern, die zum Beispiel einen Bio-Apfel kaufen wollen, der aber keine braunen Stellen haben darf. Oder die zwar ein Just-Natural-Kissen von PAD kaufen würden, das aber in der Sonne nicht ausbleichen soll, weil wir auf Chemie verzichten und ohne die Formaldehyde in der Farbfixierung auskommen. Eine solche Haltung kann ich nicht akzeptieren. Wenn ich mit dem SUV in den Bioladen fahre, dann stimmt etwas nicht. Man kann nicht über die Erderwärmung klagen, und nur noch im E-Commerce bestellen. Wenn in der Pandemie ein Plus von 60 Prozent im E-Commerce zu verzeichnen ist, dann bedeutet das eben auch ein entsprechendes Plus von Lieferwagen und LKWs auf der Straße. Hier müssen wir komplexer zu Ende denken.

Haustex: Aber der Erfolg des Onlinehandels wird sich kaum stoppen lassen.

Rossmann: Die Auswahl im Netz wird immer größer bleiben, solange man die Nachfrage am POS nicht erhöht. Nehmen Sie ein anderes Beispiel: Wenn ich eine Gitarre beim kleinen Musikhändler vor Ort ausprobiere und dann im Netz etwas günstiger kaufe, dann wird es beim Händler auch keine größere Auswahl geben können. Es nützt auch nichts, sich über Verpackungsmüll aufzuregen, aber gleichzeitig 100 Gramm Käse eingeschweißt im Supermarkt zu kaufen. Mit einem solchen Verhalten wird sich nichts ändern. Hier findet leider kaum ein Umdenken statt.

Haustex: Wie dauerhaft ist der Trend des Cocooning?

Rossmann: Das wird etwas bleiben. Die Pandemie hat viele Ängste geschürt, und es gibt weiterhin auch diejenigen, die nicht verreisen wollen, sowie diejenigen, die gezwungenermaßen gelernt haben, ihr Zuhause ganz anders wertzuschätzen. Ich vermute, dass ein Drittel der Menschen die Wertigkeit ihres Zuhauses wiederentdeckt haben. Viele Menschen haben dessen Bedeutung während der Shutdowns neu entdeckt: Das Zuhause kann einem niemand wegnehmen. Dieses Gefühl von Sicherheit in einer Situation, die von Ängsten besetzt ist, hat den Cocooning-Effekt verstärkt.

Haustex: Wie kann eine Marke wie PAD darauf reagieren?

Rossmann: Wir müssen gar nichts ändern. Ich bleibe meinen Fashion-Inspirationen treu und versuche, sie mit nachhaltigen, traditionellen Partnern und Qualität „Made in Europe“ umzusetzen. Dem Endverbraucher, der Wert auf sein Zuhause legt, ist auch wichtig, was er dort liegen hat. Der möchte seine Füße auf einen Teppich stellen, der fair trade produziert ist.

Haustex: Wo sehen Sie PAD nach der Pandemie?

Rossmann: Unternehmerisch betrachtet werden wir unser Ding weiter machen. Wir haben immer gesund gewirtschaftet und sind kein investorenfinanziertes Start-up, sondern auf sehr stabilen Beinen gebaut. Ich habe daher keine Sorge, sollte noch einmal eine solche Krise kommen.

Haustex: Sie haben die DNA von PAD bereits angesprochen. Wie beschreiben Sie Ihr Unternehmen jemandem, der es noch nicht kennt?

Rossmann: Das ist in wenigen Worten kaum möglich. Mit einem Begriff würde ich sagen: Wir sind der Modemacher textiler Accessoires. Und das auf einer nachhaltigen Basis.

Haustex: Was zeichnet ihre Designsprache und ihre Kollektionen aus?

Rossmann: Erstens die Beweglichkeit, und zweitens, dass wir immer eine Besonderheit bieten. Wenn wir ein Hirsch-Motiv in der Kollektion haben, dann wird es nie ein klassisches Motiv sein. Es wird immer einen kleinen Kick haben, über den man schmunzeln kann. Oder einen Hintergrund, der eben nicht ein brauner oder grüner Wald ist, sondern – wie aktuell – ein Mint-Ton. PAD hat immer einen kleinen Kniff in jedem Design, der das Produkt ein wenig anders und besonders macht.

Haustex: Wie schaut die kommende Herbst/Winter-Kollektion aus?

Rossmann: Wir bieten eine fashion-basierte Kollektion, unter anderem mit vielen Blau- und Mint-Tönen. Unsere Paisley-Muster lassen wir von einer französischen Haute-Coture-Weberei fertigen. Auf diesen Basics bauen wir auf. Zum Beispiel mit einer Chalet-Kollektion, die wir mit der Fashion-Kollektion unterstreichen können. Es gibt eine herbstlich-warme Bambus- und Gräser-Kollektion, mit der wir an Bestehendes anknüpfen. Wir schaffen immer wieder Brückenartikel, um die unterschiedlichen Kollektionen miteinander zu verbinden, so dass beispielsweise der Hirsch auch zu den Paisley-Artikeln oder einem Anker-Produkt passt.

Haustex: Was sind die weiteren Neuheiten?

Rossmann: Die Beachhouse-Themen werden um Dünengräser erweitert, um den klassischen Anker zu ergänzen. Und bei den Winter-Motiven haben wir jetzt technische Zeichnungen von Snowboard- und Skiausrüstungen im Angebot, auch dafür gibt es echte Fans. Wir denken sehr genau über die jeweiligen Zielgruppen nach, aber immer auf der Basis der aktuellen Trendfarben und so, dass wir die verschiedenen Themen miteinander verbinden können.

Haustex: Sie hatten die besonderen textilen Fähigkeiten Ihrer Partnerunternehmen breits angesprochen. Wo schlagen die sich noch nieder?

Rossmann: Wir haben das Thema Hoffnung und Frieden mit Madonnen-Motiven herausgearbeitet und damit so etwas wie unser Golden Glory geschaffen. Das Ganze in einer Gobelintechnik mit Goldfaden, was sehr aufwändig war. Das hat Pop-Art-Charakter und kann am POS und in den Schaufenstern gerade in der Weihnachtszeit für sehr viel Aufmerksamkeit sorgen. Das sind richtige Eye-Catcher geworden, die es so noch nicht gab. Das war auch unser Ansatz mit Blick auf die Händler: Wir wollten etwas bieten, das nicht einfach nur da liegt, sondern wirklich Aufmerksamkeit erzielt.

Haustex: Ihre Inspirationen haben Sie sich auch immer auf vielen Reisen geholt, was in den letzten anderthalb Jahr nicht so leicht war. Wie sind Sie damit umgegangen?

Rossmann: Ich war trotz aller Schwierigkeiten viel unterwegs. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele PCR-Tests ich in den letzten Monaten gemacht habe... Aber es ging: Ich war bei unseren Partnern in Portugal oder den Webereien in Spanien und Frankreich. Die Inspiration kam diesmal eher daher, dass ich mir die Zeit nehmen konnte, mich mit den technischen Möglichkeiten unserer Partner auseinanderzusetzen und die Maschinen dabei auch mal an ihre Grenzen zu fahren. So ist das Gobelinthema entstanden: Weil ich vor Ort war, die Maschinen gesehen und gefragt habe, ob sie noch bedient werden können. Und weil unsere Partner gesagt haben: Natürlich können wir das!

Haustex: Suchen die Verbraucher in unsicheren Zeiten vielleicht gerade nach Produkten, die so etwas wie Beständigkeit oder Vertrautheit vermitteln, etwa durch die Technik oder das eingesetzte Material?

Rossmann: Ich denke, da ist etwas dran. Vor drei Jahren kamen wir mit dem klassischen Cord der 60er- und 70er Jahre. Das wird auf einmal wieder angenommen. Als wir das vor acht Jahren angeboten haben, wollte es niemand haben. Plötzlich ist die Vertrautheit zu diesen Zeiten wieder da. In der Mode hat es in den letzten ein, zwei Jahren wieder viele Bouclé-Stoffe gegeben, also bringen wir jetzt eine große Bouclé-Kollektion. Und die passt wiederum hervorragend zum Gobelin-Thema, aber auch zum Cord. Wer ein Cord-Kissen gekauft hat, der braucht dann auch wieder die Pendants, mit denen er weiter gestalten kann.

Haustex: Der Bereich der Outdoor-Teppiche hat sich bei PAD sehr stark entwickelt. Worauf führen Sie das zurück?

Rossmann: Das hat unter anderem etwas mit dem Qualitätsgarn zu tun, auf das wir ein Patent haben. Die Kunden, die einmal ein Produkt aus unserem Material gekauft haben, kommen immer wieder darauf zurück und wollen nichts anderes mehr, das merken wir nach fast zehn Jahren Outdoor- und Badteppichen. Das ist wie bei einer Wolldecke. Die kauft man sich zwar nicht alle zwei Jahre neu. Aber unsere Kunden berichten uns, dass die Endverbraucher ihnen im Geschäft ausdrücklich sagen, dass sie gerne wieder eine PAD-Decke hätten. Natürlich ist diese Decke teurer als ein Direktimport aus China oder der Türkei, aber sie hat auch kein Loch nach der fünften Wäsche. Sie kostet mehr, weil die doppelte bis dreifache Garnmenge darin steckt. Es kommt uns jetzt zugute, dass wir nie aus Gründen des Preisdrucks an den Qualitäten geschraubt haben, das überlassen wir unseren Parallelanbietern.

Haustex: Haben sich durch das Outdoor-Thema andere Vertriebswege oder Kundengruppen für Sie eröffnet?

Rossmann: Wir waren bei den Kundengruppen immer schon recht flexibel. Bei dem Thema geht es weniger darum, ob es sich um ein Gartencenter handelt, einen Concept-Store oder einen Raumausstatter. Es geht eher darum, ob der jeweilige Partner PAD transportieren kann. Er muss dahinterstehen und unsere DNA spielen können. Der Endverbraucher merkt sehr schnell, ob ein Händler das kann, bzw. hinter einer Marke steht.

Haustex: Wie stark trifft sie die aktuelle Problematik bei der Rohstoffbeschaffung und den Preisen?

Rossmann: Es ist ein echter Albtraum. Dass sich Frachtpreise teilweise verachtfacht haben, ist einfach keine normale Entwicklung. Die Energie-und Rohstoffpreise sind ebenfalls stark gestiegen. Dann kam dazu, dass beispielsweise in Spanien die Fabriken wochenlang geschlossen waren. Die Aufträge waren da und konnten nicht bearbeitet werden. Wir leben aber nun mal vom Saisongeschäft. Wir haben nach wie vor lange wöchentliche Meetings zum Thema Preisentwicklung. Zunächst hatten wir geglaubt, dass das eine vorübergehende Entwicklung ist, durch Corona bedingt. Deshalb haben wir das auch einige Wochen lang geschluckt. Aber es hält an. Die Frachtpreise sind das beste Beispiel, sie werden eher noch teurer. Wir werden also nicht darum herumkommen, hier nachzujustieren.

Haustex: PAD ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich und auch deutlich gewachsen. Wo kann das noch hingehen?

Rossmann: Es ist immer so weiter gegangen, und wir werden das noch verdoppeln.

Haustex: Daraus spricht ein gesundes Selbstbewusstsein.

Rossmann: Eigentlich bin ich mehr Kreativer als Unternehmer, aber ich bin in meiner Aufgabe als Unternehmer auch gewachsen. Auch wenn ich sehr viel Lehrgeld bezahlt habe, mit Software, mit Logistikstrukturen und so weiter. Aber ich merke, dass nach oben keine Grenzen gesetzt sind. Wir haben ein unglaubliches Team, auch im Vertrieb. Wenn wir gemeinsam weiter an einem Strang ziehen, dann glaube ich, dass wir uns verdoppeln können. Das hat auch etwas mit der Auslandsentwicklung zu tun, die sehr positiv ist.

Haustex: Wo liegen da Ihre Stärken?

Rossmann: Ganz klar in Benelux, in Frankreich und Italien. In Skandinavien sind wir nicht so stark, dafür aber in Großbritannien, auch wenn uns der Brexit kurz ein wenig ausgebremst hat. Vor allem die USA haben sich für uns phantastisch entwickelt. Das ist ein unglaublich offener Markt geworden. Auch dort gibt es viele große Fans, die auf wirklich nachhaltige Produkte Made in Europe stehen.

Haustex: Mit PAD Object haben Sie einen weiteren Geschäftszweig etabliert. Was verbirgt sich dahinter?

Rossmann: Wir hatten schon in der Vergangenheit einzelne Hotelsuiten ausgestattet. Mittlerweile haben wir zahlreiche Objekte in der Beratung und der Textilausstattung. Namhafte Hotels zum Beispiel, die ja auch direkt den Endverbraucher bedienen, der dort mit uns in Berührung kommt. Das ist für uns eine ganz, tolle und neue Erfahrung. Hotels wie das Tortue in Hamburg beispielsweise bestellen regelmäßig nach. Andere Häuser haben sehr erfolgreiche Hotelshops.

Hausetx: Wie ist es dazu gekommen?

Rossmann: Eigentlich durch Zufall. Begonnen hat es, weil unser Messebauer seinen Betrieb plötzlich auf Null fahren musste. Ich war parallel in der Beratung eines Hotelprojektes in Österreich und habe den Messebauer gefragt, ob er den Umbau nicht übernehmen möchte. Mit dem Ergebnis, dass wir innerhalb von fünf Monaten das Haus in ein Boutique- und Lifestylehotel umgebaut haben. Wir zeigen dort, wie Textilien zum Einsatz kommen können: von unserem Handtuch über den Teppich und die Dekokissen bis zum Geschirrtuch in der Küche und der Serviette auf dem Tisch. Die Bettwäsche von unserem Partner Elegante wird jetzt schon nachverkauft. Dieses Konzept bauen wir jetzt weiter aus.

Haustex: Was ist das Besondere am Objektgeschäft?

Rossmann: Wir haben hier gezeigt, wie man Gemütlichkeit herstellen kann. Der Hotelier transportiert unsere Message, die Nachhaltigkeit, die Qualität. Und der Endverbraucher nimmt die Produkte in die Hand und sieht die Marke. Eine solche Form der Endverbraucheransprache ist viel sinnvoller, als Werbung in einem Lifestylemagazin zu machen. Das läuft wieder über die Haptik, über die Erfahrbarkeit des Produktes. Da können wir richtig erfolgreich sein.

Haustex: Ist das Gastgewerbe hierzu bereit?

Rossmann: Viele Hoteliers holen sich einen Interieur Designer, der seine Linie durchdrücken will, aber keine wirkliche Beratung bietet. Kaum jemand denkt darüber nach, was Wohlbefinden wirklich heißt, was Feng Shui bedeutet, wie das Licht fallen muss und so weiter. Aus Sicht des Gastes geht es im Hotel um zwei Dinge, an die er sich zurückerinnert: das Bad und das Bett. Wenn er auf einer chemisch gestärkten Leihbettwäsche liegt, hat er automatisch das falsche Schlaferlebnis. Da fängt es an, und genau da wollen wir Beratung stattfinden lassen. Die Zeit ist offen, um vieles zu verändern. Nur: die wenigsten trauen sich.


PAD – in Kürze

PAD Home Design Concepts
Königsberger Straße 46
86690 Mertingen
Tel: 09078 / 91 25 26-0
Fax: 09078 / 91 25 26-26
eMail: germany@padconcept.de
Internet: www.padconcept.de

Geschäftsführer: Michael Rossmann
Mitarbeiterzahl: 28
Umsatz: 8 Mio. Euro
Produkte: Kissen, Decken, Tischwäsche, textile Accessoires, Teppiche, Frottee
Michael Rossmann, PAD: „Wir sind der Modemacher textiler Accessoires“
Foto/Grafik: PAD
Pad-Gründer und Inhaber Michael Rossmann absolvierte sowohl eine kaufmännische Lehre als auch eine technische Ausbildung im Anlagenbau. Es folgten dreieinhalb Semester BWL-Studium und ein Auslandsjahr. Anschließend war er als Coach in der Kosmetik-Industrie und wechselte später in den Bereich Heimtextilien. Es folgten weitere anderthalb Auslandsjahre. Nach der Rückkehr arbeitete Rossmann als Branchenberater und Kollektionsentwickler und überwachte als Consultant Produktionen, bevor er sich schließlich im Februar 2006 gemeinsam mit seiner damaligen australischen Frau Sasha entschloss, die deutsch-australische Firma PAD Home Design Concepts zu gründen, die er heute alleine führt.
Michael Rossmann, PAD: „Wir sind der Modemacher textiler Accessoires“
Foto/Grafik: PAD
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