Haustex - 6/21
„Ohne Online-Denke geht es nicht mehr“
Haustex: Frau Dr. Stüber, die Art und Weise wie wir einkaufen verändert sich im Moment extrem. Alles nur wegen Corona?
Dr. Eva Stüber: Überhaupt nicht. Wer glaubt, dass nach der Coronapandemie im Handel alles wie früher sein wird, ist auf dem Holzweg. Entwicklungen, die vorher schon vorhanden waren, sind lediglich beschleunigt und laufen im Zeitraffer ab. Dies betrifft vor allem zwei Themen: Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Haustex: Welche Vorteile ergeben sich aus Kundensicht durch eine Digitalisierung des Handels?
Stüber: Das Kernthema ist Bequemlichkeit. Das Smartphone ist ein permanenter Begleiter, mit dem auch Einkäufe getätigt werden können. Über Online-Kanäle ist Information schnell und einfach möglich: Produktvideos oder 360-Grad-Betrachtung ansehen oder vielfältige Inspirationsmöglichkeiten nutzen. Die meisten Internetnutzer und -nutzerinnen sind zudem in den Sozialen Medien aktiv, die mittlerweile direkte Kaufmöglichkeiten bieten.
Haustex: Als zweites aus Kundensicht aktuell besonders wichtiges Thema sprachen Sie die Nachhaltigkeit an.
Stüber: Genau, Nachhaltigkeit ist der zweite große Entwicklungsstrang, der durch Corona befeuert wird. Die Pandemie hat uns klar vor Augen geführt, dass wir in einer Welt leben, die aus Abhängigkeiten besteht. So denken die Menschen viel nach – über sich selbst, die Zukunft und ganz stark über die Umwelt und das Verhalten ihr gegenüber. Es wird heute stärker hinterfragt, woher Produkte kommen und unter welchen Bedingungen sie produziert werden.
Haustex: Was leiten die Kunden aus diesen Überlegungen ab?
Stüber: Sie wünschen sich vor allem mehr Transparenz. Gleichzeitig wird aber auch Konsumverzicht zu einem Thema. Wenn etwas nicht gekauft wird, muss es vorher auch nicht hergestellt werden. Natürlich steht dies in krassem Gegensatz zu unserer wachsenden Wirtschaft, ist aber spätestens seit den „Fridays for Future“-Demonstrationen eine ernst zu nehmende Entwicklung.
Haustex: Was bedeutet diese Entwicklung nun konkret für die Händler?
Stüber: Im ersten Schritt gilt es für Händler, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und das eigene Geschäftsmodell entlang der Nachhaltigkeitsdimensionen zu analysieren. Am Beispiel des Sortiments, das für Kundinnen und Kunden der entscheidende Kontaktpunkt ist, sind Fragen zu klären. Zum Beispiel: Wie werden die Produkte, die ich anbiete, hergestellt, und wie transportiert? Inwieweit kann ich mit meiner Sortimentsauswahl etwa dazu beitragen, eine Kreislaufwirtschaft aufzubauen, und wie kommuniziere ich das am besten an meine Kundschaft?
Haustex: Der derzeit viel zitierte Wertewandel der Kunden hin zu mehr Qualität und Nachhaltigkeit hat also stattgefunden.
Stüber: Ja, derzeit ist er jedoch noch unterschiedlich ausgeprägt, weil der Informationsstand noch sehr unterschiedlich ist. Vom Thema Nachhaltigkeit fühlen sich viele Kundinnen und Kunden noch überfordert. Ich sehe hierbei aber eine rasante Entwicklung und empfehle Händlern dringend, nicht zu warten, bis Kundinnen und Kunden selber nachhaltige Angebote fordern, sondern direkt zu reagieren.
Haustex: Ein Ratschlag sowohl für Online- als auch für stationäre Händler?
Stüber: Genau. Das Thema ist nicht abhängig von den Kanälen, über die vertrieben wird, sondern hat universell hohe Relevanz.
Haustex: Bislang rein stationäre Händler sollten also spätestens jetzt umdenken?
Stüber: Ja, ohne Online-Denke geht es nicht mehr. Das Engagement kann aber unterschiedlich ausgeprägt sein, abhängig davon, wie ein Geschäft positioniert ist und welche Zielgruppe erreicht werden soll. Fest steht aber: Der Erstkontakt mit einem Laden kommt heute in den meisten Fällen über die sozialen Medien oder Online-Suchmaschinen zustande. Dazu kommt die Digitalisierung auf der Fläche, etwa durch Maßnahmen wie ein kontaktloses Bezahlsystem. Die Shopping-Experience muss bis in den letzten Prozessschritt ausgespielt werden.
Das vollständige Interview lesen Sie in der Juni-Ausgabe der Haustex.
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