Haustex - 3/22
„Wir haben gutes Leben zu vergeben“
Haustex: Ihr Unternehmen feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen. In wenigen Worten: Wofür steht der Name Froli?
Dr. Margret Fromme-Ruthmann: Froli ist ein werteorientiertes Familienunternehmen, das traditionell innovativ ist: Was mit den Erfindungen des Firmengründers Heinrich Fromme begonnen hat, führen wir bis heute fort. Wir entwickeln selbst, erstellen die Formen und Modelle und fertigen nachhaltige Ergonomieprodukte aus Kunststoff und vielen anderen Materialien.
Haustex: Wie ist die Entwicklung des Unternehmens verlaufen?
Fromme-Ruthmann: Im Laufe der Jahre wuchsen das Mitarbeiterteam, der Maschinenpark und das Portfolio kontinuierlich. Pünktlich zur Teilnahme an renommierten Messen wurden alljährlich Neuheiten präsentiert. Ein Meilenstein war Anfang der 90er-Jahre die Erfindung der Froli-Bettsysteme aus Federelementen.
Haustex: Wie kam es dazu, dass das Thema Schlafen in den Fokus gerückt ist?
Fromme-Ruthmann: Das verdanken wir der Leidenschaft meiner Eltern, Urlaub mit Reisemobilen zu machen, die bis in die 90er-Jahre grundsätzlich eher spartanisch ausgerüstet waren. Zum Schlafen gab es beispielsweise nur Sperrholzplatten und Schaumstoffmatratzen. Von Rückenschmerzen geplagt, hat mein Vater eine flexible Unterfederung entwickelt. Diese besteht aus einzelnen aneinander clipsbaren Federelementen, die den verschiedensten Formaten der Schlafplätze in Reisemobilen angepasst werden können.
Hautex: Was als Nachrüstsatz für Reisemobile begann, wurde dann auch zu einem Bettsystem für zu Hause?
Fromme-Ruthmann: Genau. Die Übertragung auf das Bettsystem zu Hause lief tatsächlich parallel; denn der Schlafkomfort der hoch-anpassungsfähigen Unterfederung war so spürbar und enorm viel besser im Vergleich zum herkömmlichen Lattenrost.
Im Laufe der Zeit haben wir die Systeme kontinuierlich weiterentwickelt, in Design, Technik, individueller Härteeinstellung, Verstellvarianten und auf das System abgestimmte Matratzen. Eine von vielen Besonderheiten ist das Baukastensystem, mit dem sich der Kunde für einen Einlegerahmen oder (jederzeit auch später) für ein Bett auf Füßen oder mit komplettem Bettkasten mit Motor-/Massagefunktion und Beleuchtung entscheiden kann. Neben der kundenindividuellen Ansprache lassen sich die Bettsysteme einfach montieren und vor allem wieder demontieren. Sie sind reparaturfreundlich, langlebig und für den Rohstoffkreislauf entwickelt.
Haustex: Sie entwicklen neben den Bettsystemen für zu Hause auch Produkte und Systeme für die Industrie. Welche Auswirkungen hat dies im Unternehmen und auf die Produkte?
Peter Liebing: Aus dieser Kombination ergeben sich starke Synergien. Auf der einen Seite haben wir den direkten und regelmäßigen Kontakt zu den Anwendern, unter anderem auf Messen. Das ist für uns ein stetiger Innovationstreiber. Wir kriegen genau mit, welche Problemstellungen es gibt und können konkrete Lösungen erarbeiten. Davon profitiert schließlich auch unsere Arbeit für die Industrie. Wir denken aus der Sicht des Users, d.h. wir fertigen nicht einfach Produkte, sondern bieten Problemlösungen. Dabei kann es sich etwa um die Verringerung von Gewicht, die Verbesserung von Belüftung, die Unterstützung körperlicher Einschränkungen oder auch der Vermeidung von Emissionen handeln. Die Bandbreite ist groß.
Liebing: Man darf nicht vergessen, dass die Ansprüche an den Bereich Schlafen unterwegs besonders hoch sind. Nehmen wir beispielsweise die Temperatur, die in einem Fahrzeug insgesamt von -30 bis zu +90 Grad in einem heißen Sommer direkt unter dem Dach reichen kann. Das Knowhow, das wir bei der Entwicklung von Produkten schaffen, die auch in extremen Anwendungsbereichen funktionieren, überträgt sich schließlich auch auf die Qualität der Produkte für das Schlafzimmer zu Hause.
Haustex: Welche anderen Schwerpunkte gibt es bei Froli?
Fromme-Ruthmann: Wie sind nach wie vor sehr aktiv in der Verarbeitung von Kunststoffen – unserer ursprünglichen Kernkompetenz. Wir fertigen Produkte im Bereich Reha, verschiedene Teile für einen Rollstuhl, Komponenten für Industrie- und Laborstühle und übernehmen Objektbestuhlungen. Wir haben schon ganze Fußballstadien mit Schalensitzen ausgestattet. Alles in allem ist es gerade das, was uns ausmacht: Die Synergien, die wir aus unserem großen Portfolio nutzen.
Liebing: Der rote Faden ist das Thema Ergonomie. Das Ziel, das wir mir unseren Produkten erreichen wollen, ist der ergonomische Nutzen für den Endkunden. Das bedeutet natürlich auch, dass wir viel in Nischen unterwegs sind. Wir fertigen eben nicht die eine Matratze, von der wir versprechen, dass sie für alle gut ist. Froli erfindet und produziert Schlafsysteme, die auf den einzelnen Kunden am POS individuell einstellbar sind. Dazu gehört die Lösung von gesundheitlichen Problemfälle genauso wie der hohe Anspruch von Kunden, die sich die bestmögliche ergonomische Ausstattung ihres Bettes wünschen, in dem sie immerhin ein Drittel ihres Lebens verbringen.
Haustex: Auf welchen Märkten sind Sie mit ihren Produkten aktiv?
Liebing: Wir sind mit einem eigenen Außendienst in Deutschland im Fachhandel unterwegs. Dort laufen auch unsere Premiumprodukte, die unter dem Namen Froli vermarktet werden. Gleichzeitig bieten wir unseren Partnern an, OEM-Produkte zu führen, denen der Handel seinen eigenen Namen vergeben kann. Wir arbeiten über Partner auch international, sind aber nicht in allen Ländern im Bereich Schlafen unter eigenem Namen bekannt. Im Freizeit-Bereich ist das anders. Da vertreiben wir unsere Produkte weltweit unter der Marke Froli.
Haustex: Welche Bedeutung hat ganz speziell der Fachhandel für Sie?
Liebing: Der Beratungs- und Verkaufsprozess vieler unserer Produkte ist intensiver und die Wertigkeit sowie der Preis entsprechend höher. Die Beratungskompetenz finden wir vor allem im Fachhandel und diesem sind wir auch treu. Der profitiert übrigens auch von uns: Weil wir so nah und flexibel an den Bedürfnissen der Kunden produzieren, haben wir eine extrem niedrige Retourenquote, was eine sehr hohe Kundenzufriedenheit belegt.
Fromme-Ruthmann: Und was zudem noch sehr nachhaltig ist. Nach dem Baukastenprinzip sind unsere Bettsysteme so konstruiert, dass sie als Funktionsmöbel nicht ausgetauscht werden müssen, wenn sich Lebensumstände ändern. Stattdessen können sie diesen angepasst werden. Zudem legen wir großen Wert darauf, dass unsere Produkte einfach zu montieren und auch wieder zu demontieren sind, um in den Kreislauf zurückgeführt zu werden. Da wird nichts für immer und ewig verleimt.
Haustex: Sie sprechen damit ein aktuell großes Thema an: Welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit für das Unternehmen Froli?
Fromme-Ruthmann: Nachhaltigkeit ist für uns eine Haltung. Das heißt, sie ist in unseren Genen verankert, nicht allein auf ein Produkt bezogen. Wir haben Nachhaltigkeit vorweggenommen. Als Hersteller war unser Denken und Handeln schon nachhaltig, bevor dieser Begriff sich etablierte. Denn wenn wir eine Idee zum Produkt werden lassen, ist der Weg dahin langfristig ausgerichtet – verantwortungsvoll und ressourcenschonend mit besten Materialien, bester Funktion und höchster Qualität.
Haustex: Wie setzen sie den Nachhaltigkeitsgedanken konkret in der Produktion um?
Fromme-Ruthmann: Alle unsere Produkte – und damit auch die Bettsysteme – werden unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Gesichtspunkte entwickelt und gefertigt. Schon seit vielen Jahrzehnten setzen wir Recyclingmaterialien ein, nutzen Baukastensysteme für eine einfache Montage/Demontage zur Rückführung in den Kreislauf, testen und kennzeichnen unsere schadstofffreien Materialien und verwenden Biokunststoffe. Zudem legen wir Wert auf Recycelbarkeit und geringes Gewicht, nutzen nach Möglichkeit keine Leime und lassen unsere Produkte zertifizieren. Wir sind ein Kind der Region, fertigen in Deutschland und der EU und unterstützen kurze Wege sowie die Reduzierung von Transport-, Ressourcen- und Verpackungsemissionen.
Haustex: Damit beziehen Sie Nachhaltigkeit nicht nur auf Ihre Produkte, sondern auf das gesamte Unternehmen.
Fromme-Ruthmann: Das ist richtig. Unser Anteil regenerativer Energie beträgt rund 75 Prozent. Unsere Dächer fangen per Photovoltaik Sonnenenergie ein. Wir betreiben ein Blockheizkraftwerk und die thermische Verwertung von Holzabfällen nutzen wir zur Wärmeversorgung. Unsere Qualitäts-, Energie- und Nachhaltigkeitssysteme lassen wir zertifizieren bzw. bilden diese entsprechend des Deutschen Nachhaltigkeitskodex ab. Wir sind stolz auf viele exzellente Referenzen und renommierte Preise wie den Green Product Award. Dazu haben wir 2021 1000 Bäume und 2020 35 Obstbäume alter Sorten gepflanzt. Und seit 2018 sammelt das eigene Bienenvolk fleißig leckeren Honig der ländlichen Region.
Haustex: Was macht die Unternehmensphilosophie von Froli über den Nachhaltigkeitsaspekt hinaus aus?
Fromme-Ruthmann: Der Froli-Leitspruch lautet: „Gutes Leben zu vergeben“. Daraus ergeben sich für uns fünf Säulen, auf denen unsere Unternehmensphilosophie basiert: Innovation, Kundenzufriedenheit, das Wohl der Mitarbeiter, Qualität und Nachhaltigkeit. In diesem Sinne arbeiten wir und übernehmen Verantwortung.
Haustex: Nochmal zum Thema Innovation: Sie haben Froli eingangs als traditionell innovativ bezeichnet. Was genau verstehen Sie darunter?
Fromme-Ruthmann: Wenn wir sagen, dass Froli traditionell innovativ ist, heißt das, dass wir schon immer den Wandel gelebt und geliebt haben und langfristig und verantwortungsbewusst handeln. Wir halten unsere Werte als Familienunternehmen hoch. Innovation und Gestaltungsfreude zeichnet unser ganzes Team aus. Da machen alle mit Freude mit. Für dieses Engagement wurden wir bereits mit zahlreichen Preisen wie dem Red Dot Design Award, dem Interzum Award, dem Innovationspreis Ergonomie oder dem German Design Award ausgezeichnet. Außerdem ist Froli Träger des Top 100 Awards und zählt damit zu den 100 innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstands.
Haustex: Eine weitere wichtige Unternehmenssäule ist Kundenzufriedenheit.
Fromme-Ruthmann: Schon seit 1962 fertigen wir nach Zeichnung und Modell kundenexklusive Produkte neben einem eigenen Programm. Wir legen großen Wert auf Transparenz und pflegen langjährige Partnerschaften sowohl im Handel als auch in der Industrie.
Hautex: Als Familienunternehmen liegt Ihnen auch das Wohl Ihrer Mitarbeitenden sehr am Herzen.
Fromme-Ruthmann: Richtig. Besonders stolz sind wir auf viele langjährige Firmenjubiläen: 25, 30 und sogar 40 Jahre Betriebszugehörigkeiten sind keine Seltenheit bei Froli. Im Alltag pflegen wir ein Miteinander, bei dem die vielen kleinen menschlichen Dinge des Arbeits- und Lebensalltags nicht auf der Strecke bleiben. Neben einem Kommunikationsleitfaden und Verhaltenskodex zählt dazu auch, dass wir mal gemeinsam feiern oder dass die Kollegen ihre Hunde mit zu Arbeit bringen dürfen.
Haustex: Last but not least hat auch der Qualitätsanspruch einen festen Platz in Ihrem Wertesystem.
Fromme-Ruthmann: Die Säule Qualität geht eng einher mit der Nachhaltigkeit. Denn nur nachhaltige Prozesse führen zu Qualitätsprodukten und letztes Endes dazu „gutes Leben zu vergeben“. Wir lassen unser Qualitäts- und Energiemanagement auch regelmäßig auditieren und zertifizieren nach DIN EN ISO 9001, 50001.
Haustex: Nicht nur die Pandemie, auch die schwierige Lieferkettensituation und Rohstoffknappheit bereiten vielen Herstellern derzeit Probleme. Wie ist die Lage bei Froli?
Liebing: Tatsächlich potenzieren sich da gerade einige Dinge. Unsere Aufgabe ist es, uns damit auseinanderzusetzen und Lösungen zu finden. Zum Glück gelingt uns das sehr gut. Wir profitieren etwa davon, dass wir einen sehr partnerschaftlichen Umgang mit unseren Lieferanten pflegen, die wir seit jeher mit in unser Wertesystem einbinden.
Fromme-Ruthmann: Genauso ist es mit den Kunden. Ein fairer und respektvoller Umgang miteinander liegt nicht nur mir, sondern unserem gesamten Team am Herzen.
Haustex: In die Zukunft gedacht: Welches Entwicklungspotenzial sehen Sie für Froli?
Liebing: Potenziale gibt es bei uns sicher noch im Export. Da sind noch ein paar weiße Flecken, die wir gern besetzen möchten. Eine Weiterentwicklung sehen wir zudem ganz klar in der Veränderung der Bedürfnisse unserer Kunden. Themen wie Gesundheit und Nachhaltigkeit werden immer präsenter, immer mehr Transparenz wird gefordert. Auch der demografische Wandel ist für uns ein interessantes Zukunftsthema. Und schließlich arbeiten wir daran, die Sichtbarkeit der Marke Froli zu vergrößern.